„Nie wieder Faschismus – nie wieder Krieg!“
Von Konstantin Wecker
Keine Kriegskredite – kein Blankoscheck für Hochrüstung:
Stoppen wir weltweit gemeinsam die Kriege der neuen Imperien
Am 18. März 2025 hat eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Deutschen Bundestag den zweiten politischen Tabubruch innerhalb weniger Wochen begangen und endgültig mit den wichtigsten Konsequenzen aus der Shoa und dem deutschen Vernichtungskrieg des NS gebrochen. Dies hat die Merz-Söder-Union zusammen mit den Stimmen der SPD- und der Grünen vollzogen.
Sie haben eine historisch fatale und folgenreiche Grundgesetzänderung beschlossen und sich so eine unbegrenzte und dauerhafte Vollmacht für Hochrüstung durch einen Automatismus für unbeschränkte Kriegskredite ohne weitere demokratische Kontrolle verschafft. In Zukunft können Regierungen automatisch alle Ausgaben für Aufrüstung ab einer Höhe von einem Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) laut Grundgesetz in beliebiger Höhe durch Kredite finanzieren. Sie werden damit auch die soziale Spaltung der Gesellschaft weiter beschleunigen.
Diese Entscheidung soll den Weg Deutschlands und der EU zu einer imperialen und militärischen Großmacht möglich machen. Sie reden dabei schamlos von der nötigen Verteidigung von Frieden und Freiheit. Von Gleichheit, sozialer Gerechtigkeit und der Gefahr des Faschismus schweigen sie schon lange. Das sollte uns skeptisch machen.
Diese Grundgesetzänderung ist ein tödlicher Irrweg, der die Welt nicht friedlicher, sondern weitere, noch viel größere Kriege wahrscheinlicher macht. Diese Entscheidung ist dabei zugleich auch in Deutschland ein Angriff auf die Interessen und die sozialen und politischen Rechte der Mehrheit der Bevölkerung und sie ist eine weitere Zuspitzung einer seit Jahren betriebenen Umverteilung von unten nach oben für viele weitere Generationen, die die Mehrheit der Menschen ärmer und nur wenige noch viel reicher machen wird.
Was dieser tödliche Irrweg auf keinen Fall ist: Er ist keine emanzipative Antwort auf die reaktionären und autoritären Imperien der Trump-USA, von Russland und China. Diese Grundgesetzänderung wird die Welt weder friedlicher noch gerechter machen.
Für diesen tödlichen Irrweg stimmte diesmal die SPD und die Grünen gemeinsam mit einer Merz-Söder-Union, die noch vor Kurzem ihre rassistische und menschenverachtende Politik gegen Geflüchtete und Menschen in Not im Pakt mit Faschisten und Rassisten der AfD durchsetzen wollte. In der nächsten Koalition wird diese rassistische Politik die Union voraussichtlich mit der SPD fortsetzen. So werden die Faschisten der AfD jedoch nicht gestoppt, sondern die angebliche Mitte nur noch weiter nach rechts marschieren.
Wir sollten nicht vergessen, was der großartige österreichische Autor Karl Kraus vor über 100 Jahren geschrieben hat: „Als zum ersten Mal das Wort ,Friede‘ ausgesprochen wurde, entstand auf der Börse eine Panik. Sie schrien auf im Schmerz: Wir haben verdient! Lasst uns den Krieg! Wir haben den Krieg verdient!“
Und eine weitere leidvolle Erfahrung, die Menschen seit Jahrhunderten machen und die Karl Kraus als Erkenntnis so treffend formuliert hat, scheinen die Regierenden und leider auch viele Menschen schon wieder vergessen zu haben: „Krieg ist die Hoffnung, dass es einem besser gehen wird, hierauf die Erwartung, dass es dem anderen schlechter gehen wird, dann die Genugtuung, dass es dem anderen auch nicht besser geht, und hernach die Überraschung, dass es beiden schlechter geht.“
Gemeinsam mit der Schriftstellerin und Nobelpreisträgerin Elfriede Jelinek habe ich in unserem Text „Lasst uns wieder das Hoffen lernen – und aus allen imperialen Kriegen desertieren“, den wir gemeinsam in Solidarität mit dem Internationalen Kurdischen Kulturfestival zum internationalen Antikriegstag am 1. September 2023 auf Deutsch, Kurdisch und Türkisch veröffentlicht haben, u.a. geschrieben:
„Ein besseres Leben für alle Menschen auf unserer Welt ist möglich – davon zu träumen, darüber zu schreiben, davon zu singen, darauf zu bestehen und sich gemeinsam dafür zu engagieren, das wollen wir alle einzeln und zusammen tun: Heute hier, überall und jeden Tag weltweit. Wir werden niemals aufhören, zu träumen von einer herrschaftsfreien Welt ohne Kriege, Faschismus, Rassismus, Patriarchat, und ohne die zerstörerische Ausbeutung von Menschen und Natur.“
Und der wunderbare österreichische Literat Stefan Zweig, der vor den Nazis nach Südamerika fliehen musste, schrieb in seinem Werk „Die Welt von gestern“:
„Ich hatte den Gegner erkannt, gegen den ich zu kämpfen hatte – das falsche Heldentum, das lieber die anderen vorausschickt in Leiden und Tod, den billigen Optimismus der gewissenlosen Propheten, der politischen wie der militärischen, die, skrupellos den Sieg versprechend, die Schlächterei verlängern, und hinter ihnen den Chor, den sie sich mieteten, all diese ›Wortemacher des Krieges‹, wie Werfel sie angeprangert in seinem schönen Gedicht. Wer ein Bedenken äußerte, der störte sie bei ihrem patriotischen Geschäft, wer warnte, den verhöhnten sie als Schwarzseher, wer den Krieg, in dem sie selber nicht mitlitten, bekämpfte, den brandmarkten sie als Verräter. Immer war es dieselbe, die ewige Rotte durch die Zeiten, die die Vorsichtigen feige nannte, die Menschlichen schwächlich, um dann selbst ratlos zu sein in der Stunde der Katastrophe, die sie leichtfertig beschworen.“
Dabei sollten wir uns in jedem Moment daran erinnern: Frieden und Freiheit für alle Menschen ohne den Kampf für Gleichheit und soziale Gerechtigkeit weltweit und ohne den Kampf gegen Faschismus und Kriege wird und kann es nicht geben. Deshalb dürfen wir auch niemals das antifaschistische Vermächtnis vieler Überlebender der KZs und NS-Gefängnisse vergessen:
„Nie wieder Faschismus, nie wieder Krieg!“
Das ist für mich auch weiterhin Orientierung für eine aktuelle Friedens- und Antikriegsbewegung. Skeptisch sollten wir bei all denen sein, die zwar von „Frieden“ sprechen, aber vom Faschismus schweigen und die nicht bereit sind, gegen die Kriegsverbrechen aller reaktionären Mächte und Imperien zu protestieren. Mit Rassisten und Faschisten darf es keine Zusammenarbeit geben. Niemals. Nirgends.
Lasst uns also weltweit gemeinsam als Menschen aus der zerstörerischen Logik der Imperien desertieren und gemeinsam mit der Solidarität der Menschlichkeit die neuen Kriege aller Imperien verhindern.
Noch können wir die nächsten Katastrophen aufhalten.

